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Das Reichsheer - nun endlich gab es eines - hätte auf sie ganz gerne verzichtet, und nur widerwillig erkannte der Chef der Heeresleitung, der Generaloberst Hans von Seeckt, die ausschlaggebende Bedeutung der kleinen Reichsmarine für Bestand und Erhalt des Reiches und seiner notabene demokratischen Institutionen an. Vor allem die Verbindung zum territorial abgeschnittenen Ostpreußen war eine genuine Marineaufgabe, wieder wurde die Marine zur Klammer um das Reich. Das schlechte Image der Marine in der bürgerlichen Gesellschaft - Folge der Revolution, wie sie die Nationalisten und dann die Nationalsozialisten deuteten - änderte nichts daran, dass diese Marine Sache des Staats und des Volks zugleich war. Im Tuch der Flagge dominierte Schwarz-Rot- Gold, aber im linken Obereck hielt sich Schwarz-Weiß-Rot. Dieser „Kompromiss“, um den erbittert gerungen wurde, symbolisierte, was damals Wirklichkeit war: das spannungsvolle Miteinander von Tradition und Demokratie in einem Gemeinwesen, das zugleich Reich und parlamentarische Republik war. Es verwundert nicht, dass die Nationalsozialsten nach ihrer „Machtergreifung“ nichts Eiligeres zu tun hatten, als die „unmögliche“ Flagge durch die mit dem Hakenkreuz zu ersetzen.

Dem Flaggenstreit folgte der parlamentarische Kampf um den „Panzerkreuzer A“, das war der zweite Akt im Drama zwischen Staat und Parlament, die erst lernen mussten, sich als untrennbare Einheit zu verstehen. Am Ende misslang das, und der Weg zur Diktatur wurde frei. 1928 spaltete der Streit um den Neubau die SPD in jene Parteimitglieder, die das Panzerschiff „Deutschland“, und jene, die an seiner Stelle die „Schulspeisung“ deutscher Kinder wollten, will man es mit den Plakaten der Zeit ausdrücken. Am Ende wurde das Schiff gebaut, aus der Schulspeisung für alle Kinder wurde nichts. Das Deutsche Reich hatte Prioritäten gesetzt -oder war es die Weimarer Republik?

Zum maritimen Dritten Reich wurde das Entscheidende schon gesagt, wir gehen über diese zwölf Jahre jetzt bewusst hinweg. Das hat nichts mit Respektlosigkeit jenen gegenüber zu tun, die guten Glaubens Leib und Leben in dieser Marine geopfert haben.

Dass das, was man im Westen dann Bundesmarine nannte, von Menschen aufgebaut wurde, die fast alle in der Kriegsmarine gedient hatten, war unvermeidlich, wissen wir doch, dass die Volksmarine in der sogenannten DDR, die sich anheischig gemacht hatte, nur ausgewiesene
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